Lern- und Gedenkort

Am 9. Mai 2022 fand die Eröffnung des Lern- und Gedenkortes statt.

Den Mittelpunkt des Lern- und Gedenkortes bildet das 2021 aus dem Kirchenbau entfernte Altarbild der St. Nicolaus-Kirche mit seiner ausgrenzenden Botschaft gegenüber Menschen mit Behinderung.

Altarbild von 1938; im Mittelpunkt der gekreuzigte Jesus. Das Kreuz ist von einem Heiligenschein umgeben, ebenso Jesus Christus. Zu seinen Füßen stehen 15 Menschen in einer Reihe; diese beginnt schräg rechts hinter dem Kreuz, geht links herum und endet rechts unten. Alle tragen weiße Gewänder; zwölf von ihnen einen Heiligenschein, drei nicht.
Altarbild St. Nicolaus

Das Altarbild wurde zum 75-jährigen Bestehen der Kirche 1938 eingebaut und ersetzte das Fenster an dieser Stelle. Das umstrittene Wandbild zeigt den gekreuzigten Jesus, zu dessen Füßen sich eine Reihe von zwölf Personen befindet, die einen Heiligenschein tragen. Weitere drei Menschen auf diesem Bild hingegen haben keinen Heiligenschein. Es sind Menschen mit Behinderung. Hier wird deutlich: Die Gemeinde hält an diesen Menschen zwar fest, sie sind aber trotzdem anders und bleiben abhängig. Sie stehen nicht in ihrem Selbstwert vor Gott, sondern aus Barmherzigkeit der Helfenden.

Bemaltes Kirchenfenster; zu sehen ist Jesus Christus mit einem Heiligenschein. Er segnet ein Kind, das links vor ihm kniet und zu ihm aufschaut. Zwei weitere Kinder knien vor ihm nieder, links und rechts stehen mehrere Menschen. Oben im Fenster sieht man einen Engel, rundherum Blumen.
Ausschnittsbild des Blicks in die Kirche St. Nicolaus vor der Renovierung 1938

Die ausgrenzende Aussage des Altarbildes sowie dessen Entstehung in der Zeit der Verstrickung der damaligen Alsterdorfer Anstalten in den Nationalsozialismus beeinträchtigte bis heute die liturgische Nutzung der Kirche in hohem Maße.

Nach der baulichen Versetzung des Altarbildes ist wieder ein Fenster eingesetzt worden, das die Kirche räumlich öffnet.

Ein Ort des Gedenkens und Lernens entstand

Das 1938 entstandene Altarbild in der Kirche St. Nicolaus ist eines der wenigen erhaltenen Zeugnisse kirchlicher Kunst aus der Zeit des Nationalsozialismus in Hamburg. Die Botschaft dieses Bildes steht im Widerspruch zu den Ideen Heinrich Sengelmanns und vor allem zu dem heutigen Verständnis von Inklusion, dass alle Menschen gleiche Rechte haben und ein wertvoller Teil der Gesellschaft sind.

Die eigene Geschichte ans Licht bringen

Die Evangelische Stiftung Alsterdorf setzt sich schon seit vielen Jahren offen und kritisch mit ihrer Geschichte auseinander. Daher soll das Altarbild nicht versteckt, sondern bewusst in die Öffentlichkeit – „ans Licht“ – gebracht werden im Sinne der Verantwortung für eine inklusive Gesellschaft.

Mit dem Lern- und Gedenkort wird – besonders im Rahmen der Geschichte der Stiftung – beispielhaft über die menschenverachtenden Sichtweisen der Nationalsozialisten informiert. So entstand ein Ort der lebendigen Auseinandersetzung für alle.